[LEERES_AUDIO] In diesem Video werden wir uns mit historischen Hochwassern beschäftigen. Historische Hochwasser sind wichtig, weil Extremereignisse per Definition nur selten auftreten. Für eine gute Planung ist es aber wichtig zu wissen, wie groß extreme Hochwasser sein können. Als Hydrologe halte ich daher immer Ausschau nach Hochwassermarken. Hier die älteste in meiner Sammlung. Diese Hochwassermarke aus dem Jahr 1277 habe ich in Rom gefunden. Überhaupt befinden sich in Rom viele Hochwassermarken. Es ist immer beeindruckend, sich vorzustellen, wie hoch das Wasser bei Überschwemmungen stehen kann. Aber man muss nicht bis nach Rom gehen, um Hochwassermarken zu finden. Auch hier am Rhein in Basel treten immer wieder Hochwasser auf, wie verschiedene Hochwassermarken belegen. Am Rathaus in Basel finden wir diese Marke aus dem 16.Jahrhundert, die auf ein Hochwasser der Birsig und des Rheins hinweist. Das Wasser wäre mir damals wahrhaftig bis zum Hals gestanden. Gleich mehrere Hochwassermarken finden wir an einem Haus am anderen Rheinufer. Das größte bekannte Hochwasser am Rhein war aber im August 1480. Zu diesem Hochwasser gibt es keine Marken, aber das Ereignis ist gut durch Zeitzeugen dokumentiert. Im Juli sei es sehr warm gewesen, die Seen waren randvoll mit Schmelzwasser gefüllt und dann kam im August ein großer Regen. Berichten zufolge stand das Wasser dann im Rhein so hoch, dass man sich von der Brücke aus die Hände waschen konnte. Literarisch besonders schön aufgearbeitet ist die Erzählung zur Wassernot im Emmental in 1837 von Jeremias Gotthelf. Hydrologen der Uni Bern haben von dieser Erzählung ausgehend die Verhältnisse der Hochwasserkatastrophe rekonstruieren können. So konnten sie den Abfluss von damals berechnen und haben festgestellt, dass ein ähnlich hoher Abfluss erst 1990 wieder auftrat. Es gibt überhaupt mehr schriftliche Berichte über Hochwasser, als man denken könnte. Ein besonders schönes Beispiel ist die Wickiana. In diesem Werk sucht der Pfarrer Johann Jakob Wick im 16. Jahrhundert wichtige Ereignisse aus dem Raum Zürich zusammen, unter anderem auch hydrologische Extremereignisse. Hier sehen wir die Beschreibung des Hochwassers der Sihl im Juli 1562. Besonders beeindruckend war wohl, dass eine gedeckte Holzbrücke durch das Hochwasser mitgerissen wurde. Die Sihl war damals, wie auch heute, eine weit größere Hochwasserbedrohung für Zürich als die größere Limmat. Während die Sihl schnell und stark auf Regen reagiert, ist der Abfluss der Limmat durch den Zürichsee stark gedämpft. In der Wickiana finden wir aber nicht nur Hochwasser, sondern auch andere hydrologische Extremereignisse. Hier sehen wir ein Trinkgelage mitten in der Limmat, das dort während der Trockenheit von 1585 abgehalten werden konnte, als der Wasserstand der Limmat besonders niedrig war. Ähnlich wie bei Hochwassermarken gibt es auch Niedrigwassermarken an Steinen, die nur selten und bei Trockenheit aus dem Wasser auftauchen, sogenannte Hungersteine. Hier als Beispiel der Laufenstein in Laufenburg. In einer Doktorarbeit der Uni Zürich konnten die Niedrigwasserstände gut dokumentiert werden, bevor der Stein zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Stromgewinnung weichen musste. Wenn wir uns nun wieder dem Hochwasser zuwenden, so finden wir rheinabwärts zahlreiche Hochwassermarken, hier zum Beispiel in Koblenz am Zusammenfluss von Rhein und Mosel. Das größte Hochwasser vom Januar 1651 hatte einen deutlich höheren Wasserstand als viele der größten Überschwemmungen der letzten Jahrzehnte. Solche Hochwassermarken sind wichtig, um sich klarzumachen, wie groß der Abfluss des Rheins sein kann. Damit haben historische Hochwasser eine wichtige Funktion und helfen, Hochwasserrisiken abzuschätzen. Dies ist besonders wichtig, da die größten Hochwasserstände, wie anfangs ja bereits gesagt, nur selten auftreten und es auch immer wieder zu längeren Zeiten ohne größere Hochwasser kommt. In der Schweiz hatten wir zum Beispiel eine fast hundertjährige Periode, in der keine größeren Hochwasser auftraten. Mit sinkender gesellschaftlicher Erinnerung kann ein Hochwasser aber umso überraschender auftreten. Die Kenntnis über historische Hochwasser ist daher hilfreich, wenn es eine gute Planung unter Berücksichtigung der Hochwasserrisiken geht. [LEERES_AUDIO] [LEERES_AUDIO]